Biker fordern gleiches Recht für alle

Interview zur Zwei-Meter-Regel mit Heiko Mittelstädt von der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB)

von Steffen Müller

Mountainbiken wird nicht nur in den Alpen und den Mittelgebirgen immer populärer. Auch in der Region sind viele Biker unterwegs. Der Schönbuch und der Nordschwarzwald sind beliebte Bike-Reviere mit vielfältigen Möglichkeiten. Alles könnte so schön sein, wäre da nicht die viel diskutierte Zwei-Meter-Regel, die es so nur in Baden-Württemberg gibt und die besagt, dass im Wald Radfahren auf Wegen, die schmaler als zwei Meter sind, verboten ist.

Die Gesetzgebung ist aber nur das eine Problem. Im Südschwarzwald sorgten zuletzt Fallen wie angespitzte Äste, Barrieren und Schrauben auf von Mountainbikern genutzten Strecken für Schlagzeilen.

Abenteuer Alpen sprach mit Heiko Mittelstädt aus Oppenau im Schwarzwald über die Zwei-Meter-Regel, ihre Auswirkungen und über das Verhältnis von Wanderern, Waldbesitzern und Radfahrern. Der 45-Jährige leitet das Projekt Open Trails der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB). Open Trails hat sich zum Ziel gesetzt, gegen Einschränkungen und Streckensperrungen für Mountainbiker vorzugehen.

Die Fallen im Schwarzwald sorgten zuletzt für viel Gesprächsstoff. Ist das Verhältnis zwischen Wanderern, Waldbesitzern und Mountainbikern tatsächlich so angespannt?

Heiko Mittelstädt: „Überhaupt nicht. Das sind extreme Einzelfälle und man weiß noch nicht einmal, wer dahintersteckt. Grundsätzlich haben wir den Eindruck, dass das Verhältnis zwischen Mountainbikern und Wanderern deutlich entspannter geworden ist. Man hat sich aneinander gewöhnt. Letztlich geht es doch vor allem um Rücksichtnahme – völlig unabhängig davon, wie breit ein Weg ist. Nicht zuletzt deshalb versuchen wir unsere Mitglieder für dieses Thema zu sensibilisieren. Wenn man auf einem schmalen Weg Wanderern begegnet, macht man Platz und steigt zur Not ab. Auf breiteren Wegen macht man sich rechtzeitig bemerkbar und brettert nicht mit Höchstgeschwindigkeit an Wanderern vorbei. Kompakt gibt es die Verhaltensregeln in unseren sechs Trail Rules. So und mit einem freundlichen Gruß kann man Konflikten fast immer aus dem Weg gehen.“

Aber auch nur fast...

Heiko Mittelstädt: „Sicher gibt es immer wieder Menschen, die einen darauf ansprechen, dass das Befahren von Singletrails verboten ist. Auch bei Nörglern kommt man mit Freundlichkeit und Argumenten aber meist weiter. Letztlich suchen doch alle die Erholung in der Natur.“

Erleben Sie solche Begegnungen mit nörgelnden Wanderern häufig?

Heiko Mittelstädt: „Nein. Unter der Woche begegnet man im Wald doch kaum jemandem. Schon gar nicht auf schmalen Wegen. Interessanterweise gibt es die meisten Konflikte ohnehin auf breiten Forstwegen, auf denen Radfahren grundsätzlich erlaubt ist. Und dann auch nur in der Nähe von gut frequentierten Wanderparkplätzen oder Ausflugszielen, wo weniger die Wanderer sondern die Spaziergänger unterwegs sind. Eines muss man aber ganz klar sagen: Ohne die Zwei-Meter-Regel, die manchem als Rechtfertigung dient Mountainbiker zu maßregeln, läge viel weniger Schärfe in vielen Diskussionen.“

Wer hat ein Interesse daran, die Mountainbiker aus dem Wald zu verbannen?

Heiko Mittelstädt: „Derzeit macht der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband enorm Stimmung gegen Mountainbiker. Dabei geht es weniger um die Zwei-Meter-Regel. Man argumentiert mit einer unsicheren Rechtslage und schiebt Klagen von Mountainbikern vor, die Bauern vorwerfen, ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen zu sein. Dabei kommt das äußerst selten vor. Selbstverständlich ist kein Bauer dafür verantwortlich zu machen, wenn ein Ast abbricht, ein Baum umfällt oder der Weg uneben ist. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof in Karlsruhe kürzlich höchstrichterlich entschieden. Auf der anderen Seite gibt es aber klare Vorschriften bei der Verkehrssicherung. Ich kann nicht einfach einen Weidedraht über einen öffentlich zugänglichen Weg spannen, ohne ihn zumindest mit einem Markierungsband sichtbar zu machen.“

Wie sieht es bei den Wander- und Bergsteiger-Verbänden aus?

Heiko Mittelstädt: „Hier hat sich das Verhältnis deutlich entspannt. Mit dem Schwarzwaldverein haben wir inzwischen eine gute Zusammenarbeit. Es gibt sogar Radfahr-Gruppierungen innerhalb des SWV. Von der Zwei-Meter-Regel will man sich zwar noch nicht verabschieden, für mehr legale Trails ist man aber durchaus offen. Derzeit gibt es im Schwarzwald die Initiative Gemeinsam Natur Erleben, an der sich der Verein mit der DIMB und weiteren Partnern beteiligt. Auch beim Schwäbischen Albverein gibt es positive Signale, obwohl es hier noch etwas schwieriger ist. Der Deutsche Alpenverein hingegen hat sich neulich in einem Positionspapier ganz klar gegen pauschale Betretungsverbote ausgesprochen, was uns sehr freut.“

Sehen Sie eine Chance, dass die Zwei-Meter-Regel bald verschwindet?

Heiko Mittelstädt: „In dieser Legislaturperiode wird sich sicher nichts mehr tun. Ich hoffe, dass wir danach vorankommen. Es geht aber auch weniger darum, ob die Regelung in ein, zwei oder drei Jahren abgeschafft wird. Zunächst ist es uns wichtig, dass erkannt wird, dass man eine so große Gruppierung wie die Mountainbiker nicht mehr einfach ignorieren kann und eine gemeinsame Basis für ein gutes Miteinander findet. Dazu sollen auch unsere Aktivitäten und vor allem viel Aufklärungsarbeit beitragen. Am runden Tisch in Stuttgart arbeiten wir mit den anderen Verbänden zusammen und hoffen dort zu einer guten Einigung zu kommen.“

Warum gibt sich die DIMB eigentlich nicht mit Ausnahmeregelungen von der Zwei-Meter-Regel zufrieden, die heute schon möglich sind?

Heiko Mittelstädt: „Das ist ein furchtbares Bürokratiemonster. Bis letztlich ein legaler Trail realisiert wird, dauert das unter Umständen Jahre und benötigt teure Wegekonzepte und Beschilderungen. In der benötigten Fläche wird es deshalb nicht möglich sein ausreichend Strecken auszuweisen. Mountainbiker möchten aber umweltfreundlich ab der Haustür starten und nicht erst mit dem Auto zu attraktiven Routen anreisen müssen. Zudem fehlt den Zuständigen vor Ort oft der Bezug und damit die Kompetenz zu diesem Thema.“

Infos

Die Zwei-Meter-Regel

„[...] Der Paragraf 37 des Landeswaldgesetzes regelt das Betreten und Befahren des Waldes und sieht unter anderem vor, dass das Radfahren in baden-württembergischen Wäldern grundsätzlich auf allen Wegen gestattet ist, die breiter als zwei Meter sind“, heißt es es im Internet auf den Seiten des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg – was im Umkehrschluss bedeutet, dass das Befahren von Wegen unter zwei Meter Breite nicht erlaubt ist. Zum Thema Ausnahmen heißt es: „Nach Paragraf 37, Absatz 3 Landeswaldgesetz, kann auch bei Wegen unter zwei Meter Breite das Fahrradfahren erlaubt werden. Voraussetzung dafür ist, dass sich alle Beteiligten vor Ort auf eine gemeinsame Lösung verständigen und die örtliche Forstbehörde diese genehmigt [...].“

Singletrail

Unter Singletrail versteht man schmale Wege, auf denen man nicht nebeneinander fahren oder gehen kann. Mountainbiker bevorzugen schmale, naturbelassene Wege, weil diese fahrtechnisch interessanter sind als Forststraßen.

Weitere Informationen zur Zwei-Meter-Regel und zum Mountainbiken gibt es unter www.dimb.de