„Ein Radständer vor dem Hotel reicht nicht“

Agnes und Edith Innerhofer aus dem Tauferer Ahrntal betreiben mit Leib und Seele ein Bikehotel

von Steffen Müller

Die Zwillingsschwestern Agnes und Edith Innerhofer aus Gais im Tauferer Ahrntal setzten in ihrem Hotel schon 1997 auf Mountainbiker – der Erfolg gibt ihnen recht. Abenteuer Alpen fragte sie nach ihrem Erfolgsrezept und danach, was sie in den kommenden Jahren erwarten.

Ihr gehört zu den Pionieren in Sachen Mountainbike-Tourismus. Was hat euch dazu bewogen, 1997 eines der ersten Mountainbike-Hotels überhaupt zu eröffnen?

Agnes Innerhofer: „Nachdem wir 1993 das Hotel von unseren Eltern übernommen hatten, wollten wir zusätzlich zu den Stammgästen neue Gäste finden. Wir haben uns umgeschaut, ob wir ein passendes Thema zu unserem Hotel und unserer sportlichen Einstellung finden, und da war das Thema MTB das Richtige. Wir hatten damals schon Spaß daran und unsere Gegend ist mehr als passend!“

Wie groß war das Risiko, dass es schiefgeht?

Edith Innerhofer: „Wir würden hier nicht von Risiko sprechen, wir hatten nichts zu verlieren! Der finanzielle Aufwand für den jährlichen Mitgliedsbeitrag und die nötigen Investitionen war gerade noch vertretbar. Es hat aber auf jeden Fall viel persönlichen Einsatz erfordert.“

Agnes Innerhofer: „Die ersten  Jahre waren hart und der Erfolg eher gering. Irgendwann wollten wir aufgeben. Dann haben wir 2006 unser Stammhaus komplett umgebaut und sind noch mehr auf die Bedürfnisse der Radgäste eingegangen. Dann kam der Erfolg und wir können uns heute über 50 Prozent Bike-Urlauber in den Sommermonaten freuen.“

Wie waren die ersten Reaktionen in der Region - hat man euch für verrückt erklärt?

Agnes Innerhofer: „Für verrückt hat uns niemand erklärt. Zu Beginn gab es einige Betriebe, die auf die MTB-Schiene aufgesprungen sind, weil sie alle gemeint haben, dass es von alleine läuft. So ungefähr: Wenn ich einen Radständer vor dem Hotel habe, dann ist man schon ein MTB-Hotel und hat den ganzen Sommer das Haus voll. Das reicht aber bei Weitem nicht.“

Edith Innerhofer: „Nach wenigen Jahren sind wir allein übrig geblieben und waren bis vor wenigen Jahren Einzelkämpfer. Von der Ferienregion selbst kam wenig Unterstützung. Erst jetzt wurde das Potenzial ernst genommen und es laufen gute Projekte, die Ferienregion Kronplatz und Tauferer Ahrntal auch als Mountainbike-Revier bekannt zu machen.“

Worauf legen Mountainbiker den größten Wert?

Agnes Innerhofer: „Auf ein interessantes Revier und ein kompetentes Bike-Hotel mit Rundum-Service. Und genau das ist unser Potenzial, was uns der große Anteil an Bike-Stammgästen bestätigt.Unsere bikespezifischen Leistungen reichen von kompetenter und individueller Tourenberatung, einem videoüberwachten  Bikedepot über geführte Touren in zwei Leistungsgruppen von Montag bis Samstag,  einem hauseigenen Guide-Team und Fahrtechniktraining, einem Tourenkatalog mit über 50 Touren-Vorschlägen, GPX Download und Kartenmaterial, overnight Wäscheservice, Bikeverleih und Reparaturservice, Nachmittagsjause bis hin zu unserem Wellnessangebot und dem nahe gelegenen Badesee.“

Unterscheiden sich die Bedürfnisse von weiblichen und männlichen Bergradlern?

Edith Innerhofer: „Ja und nein. Die Bedürfnisse beim Biken haben sich sehr angepasst. Für bikefreie Stunden brauchen Frauen neben Wellness im Haus auch Shopping. Da sind sie mit dem hippen Städtchen Bruneck bestens bedient!“
Agnes Innerhofer: „Beide sind aber glückselig, wenn sie nach der Tour auf der Terrasse am Bike-Stammtisch in geselliger Runde bei Bier, Aperol Spritz, hausgemachtem Holundersaft und Snacks die Tour und das Erlebte Revue passieren lassen können und sich auf das leckere Abendessen freuen dürfen.“

Sind Mountainbiker angenehme Gäste?

Edith Innerhofer: „Ja, absolut! Mountainbiker sind nicht anspruchsvoll, bringen aber bestimmte Erwartungen in die Ferien mit. Diese zu erfüllen, haben wir in den ganzen Jahren sehr gut gelernt.“

Warum ist die Region rund um den Kronplatz so ideal zum Biken?

Agnes Innerhofer: „Weil sie bestimmt eine der abwechslungsreichsten in Südtirol ist. Das Bike-Revier geht vom Alpenhauptkamm bis in die Dolomiten, wobei fast alle Touren bereits ab dem Hotel gefahren werden können. Nicht zu vergessen die vielen Sonnentage der Alpensüdseite.“

Edith Innerhofer: „Die Gegend ist nicht überlaufen und es gibt unendlich viele Möglichkeiten. Wander- und Forstwege, Trails und Höhenwege. Seilbahnen für Freeride- und Downhill-Touren. Und überall erwartet einen eine urige Einkehr. Mit der Beschilderung für ausgewiesene MTB-Strecken wurde begonnen und mit einigen wenigen Ausnahmen sind alle Wege frei befahrbar.“

Haben sich die Vorlieben der Gäste in den vergangenen Jahren verändert?

Agnes Innerhofer: „Und wie. Wenn wir an die Anfänge zurückdenken, gab es nur einen Typ Mountainbiker: konditionell gut trainierte Forstwege-Fahrer – natürlich auf dem Hardtail. Das und die Vorlieben haben sich wirklich geändert. Der Genuss und der Spaß am Mountainbiken steht bei allen an erster Stelle. Egal, ob Mann oder Frau. Frauen haben sich gut emanzipiert und machen heute wirklich alles mit! Egal ob es dann auf einen Forstweg, einen Trail oder ins Hochgebirge geht. Die meisten unserer Gäste sind auf dem Fully unterwegs. Der Großteil immer noch aus eigener Kraft, aber viele auch mit Shuttle und Liftanlagen … das macht den Sommer spannend und gibt den von uns angebotenen zwei Leistungsgruppen Sinn. Für uns ist es eine Herausforderung geworden, allen gerecht zu werden und unvergessliche Bikeferien zu bieten.“

Wie wirkt sich der Boom bei den E-Mountainbikes aus?

Edith Innerhofer: „Wir sind im Hotel und der Region bestens gerüstet für die E-Mountainbiker. Allerdings haben wir von der Entwicklung noch nicht allzu viel gespürt. Es gibt immer wieder Gäste, die mit E-MTB kommen und in gemischten Gruppen mitfahren, das integriert sich sehr gut.“

Agnes Innerhofer: „Das Gelände bis auf 2500 Meter Meereshöhe ist selten steiler als 18 Prozent auf wenigen Laufmetern. Unser größter Vorteil ist aber, dass jede Tour flach an- und ausläuft und somit beste Voraussetzungen für ein gutes Warm-up und ein erholsames Cool-down geschaffen sind. Was die nächsten Jahre bringen werden: Wir sind für alles offen.“