Wandern ist ein Stresskiller

So erholt sich die vierfache Kletterweltmeisterin Angy Eiter aus Imst in Tirol

„In unserer kurzlebigen Welt, in der von jedem Einzelnen mehr Leistung in kurzer Zeit erwartet wird, leiden viele Menschen unter Stress. Der Geist muss ständig funktionieren und kann kaum abschalten“, sagt die vierfache Kletterweltmeisterin Angy Eiter. Grund genug für die 31-Jährige, darüber nachzudenken, wie man sich von den psychischen Belastungen in der Freizeit erholen kann. Das Ergebnis sind ganz besondere Erholungsstrategien durch die Kraft der Natur.

Übungsgelände

„Wälder und Berge sind für mich ideale Plätzchen zum Energien tanken. Die frische Luft und das natürliche Licht stimulieren mich positiv. Daher suche ich Wanderwege in naturnahen Erholungsräumen und baue meine Übungen schrittweise ein.“
Kraftdosierung
„Die Fähigkeit, den Spannungszustand unseres Körpers bewusst wahrzunehmen, verliere ich oft bedingt durch Stress. Deshalb konzentriere ich mich beim Wandern bewusst auf meine Trittfolge. Ich stapfe ein paar Meter so fest ich kann in den Boden. Anschließend trete ich sanft hin und bewege mich leise und ökonomisch fort. Nun finde ich die optimale Dosis an Energieaufwand für einen Schritt und reduziere überschüssigen Krafteinsatz.“

Atmung als Lebenselixier

„Als nächste Übung achte ich bewusst auf meine Atmung und passe ihren Rhythmus dem Takt meiner Fortbewegung an. Während ich einatme, mache ich zwei Schritte und beim Ausatmen ebenso. Geschwindigkeit und Neigung im Gelände beeinflussen Takt und Rhythmus. Nun setze ich mir eine Marke in der Ferne und gestalte meine Melodie bis dahin. Wann atme ich schneller bzw. langsamer und wie viele Schritte mache ich dabei? Bei der gesetzten Marke angekommen, horche auf den von meinem Körper vorgegebenen Atemrhythmus. Begleitend sage ich gedanklich fünfmal: ,Ich atme ruhig und gleichmäßig.‘ Dann zähle ich meine Atemzüge und schaue, dass ich insgesamt 20 Atemzüge erreiche, ohne dabei die Konzentration zu verlieren.“

Kopfübung

„Nicht nur beim Atemzählen halte ich das Gehirn in Trab. Auch bei Wanderungen setze ich meinen Kopf ein, wenn ich mein Orientierungsvermögen schulen will. Ich mache einen kurzen Abstecher auf weglosem Gelände und nutze Naturmerkmale als Orientierungshilfe. Nach gefühlten 10 Minuten kehre ich wieder zum Ausgangspunkt zurück. In meinem Sport beim Klettern gelingt dieses Denkspiel automatisch. Die vielfältigen und komplexen Bewegungen, mit denen man sich während dem Klettern stets beschäftigt, bringen das Gehirn in Schwung. Volle Konzentration ist gefragt, was mich automatisch zum inneren Zustand des Bewusstseins bringt. Es lohnt sich, das Klettern einmal
auszuprobieren, da es ein geeigneter Sport ist, um abzuschalten.“

Augen auf! Ohren steif!

„Als Nächstes bringe ich meine Sinne ins Spiel. Ich schaue mich um und präge mir allerhand Bilder, Gerüche und Töne ein. Was sticht ins Auge? Was rieche und was höre ich? Bei der nächsten Wanderung in dieser Gegend gebe ich acht, was sich verändert hat. Interessant finde ich hier Naturbücher, die sämtliche Informationen über die Pflanzen- und Tierwelt liefern. Das lehrt und macht obendrein Spaß.“

Der Gipfelsieg ist nicht das Ziel

„Bei meiner Wanderung geht es weder um einen Gipfelsieg noch um meine beste Zeitleistung. Das Ziel ist Erholung und mein aktueller Zustand sagt mir, was gerade möglich ist. Also horche ich auf meinen Körper und mache, wonach mir ist.“

Entspannung

„Sobald mir danach ist, setze ich mich auf einen angenehmen Gegenstand – Bank oder Holzstamm – mit warmem Untergrund, wo ich mich gut entspannen kann. Ich schließe die Augen und suggeriere mir gedanklich zehnmal: ,Ich bin ganz ruhig und entspannt.‘ Am Ende soll ich mich ruhiger und entspannter fühlen. Anschließend spanne ich meine Schultern, Arme, Hände, Gesäß, Beine und Füße für drei Sekunden so fest wie möglich an. Dabei atme ich tief ein, nehme die Arme fest an den Brustkorb und puste kräftig aus! Diese Aktivierung zum Schluss löst mich aus der intensiven Entspannung.“

Aufladen

„Neben dem Aufladen von emotionalen Energien trägt eine kleine Jause ebenso zur Erholung bei. Ich bevorzuge Wasser und Sportgetränke und esse eine leichte Kost wie z.B. Obst oder ein belegtes Brot. Mental und körperlich gestärkt mache ich mich wieder auf den Heimweg. In unserer Gesellschaft wird uns vieles gelehrt, darunter auch, wie man durch hartes Arbeiten erfolgreicher wird. Stress ist dabei meist unumgänglich. Insbesondere deshalb sollte das Thema Erholung regelmäßiger Lebensinhalt werden. Mithilfe meiner obigen Strategien kannst auch du dein stressreiches Berufslebens ausgleichen und die negativen Folgen davon reduzieren.“

Infos

Angy Eiter wurde am 27. Januar 1986 in Imst geboren und ist vierfache Weltmeisterin in der Disziplin Lead (Schwierigkeitsklettern) und dreifache Weltcup-Gesamtsiegerin. Auch im Felsklettern gehört sie weltweit zu den besten Athletinnen. Die 31-Jährige ist staatlich geprüfte Trainerin.

Mehr zu Angy Eiter unter www.angelaeiter.com