Sölden auf ganz leise Weise

Wandern: Im Sommer zeigt sich der größte Ort des Tiroler Ötztals ganz entspannt

von Tim Schweiker

Größer könnte der Kontrast nicht sein. Wir sind keine halbe Stunde zu Fuß weg von der Gletscherstraße, da ist der Söldener Trubel ganz weit weg. Eben noch hatten wir den Lärm im Ohr, den tausende Autos und Motorräder jeden Tag auch im Sommerhalbjahr im Ötztal verursachen. Viele sind auf der Durchreise nach Südtirol und wollen über die spektakuläre Timmelsjoch-Straße in Richtung Meran.

Hier oben, auf 2000 Metern, hoch über dem Talkessel, ist der Verkehr weit weg. Wir sitzen auf der Gampe Thaya und schauen mitten hinein in die Dreitausender der Stubaier Alpen und hinüber zum Timmelsjoch, das von hier aus ganz einsam aussieht. „Vergesst’s net aufs Essen“, sagt unser Wanderführer Peter Grüner vom Alpengasthof Grüner in Sölden.

Wie könnten wir. Wo uns Daniela Prantl, die mit ihrem Mann Jakob die Gampe Thaya bewirtschaftet, ein Almfrühstück serviert, das es in sich hat: Speck, Käse, Omelett, Milch, Marmelade, frisches Bauernbrot. „Alles von hier aus der Gegend, das meiste von uns selbst produziert“, sagt Daniela Prantl stolz.

Die Prantls haben sich einer nachhaltigen Almwirtschaft verschrieben, züchten erfolgreich das Tiroler Grauvieh und kümmern sich sommers wie winters liebevoll um ihre Gäste. „Die Milch kommt von den Kühen hinterm Haus, die Hauswurst wird selbst hergestellt, das Rindfleisch selbst getrocknet“, sagt Daniela Prantl.

Neben einem modernen, aber dezenten Neubau ist die 300 Jahre alte Almhütte der ganze Stolz der Prantls. Jakob Prantl, gelernter Zimmermann, hat sie mit Geschick und heimischem Holz renoviert und zu einem Schmuckstück gemacht.

Doch wir müssen weiter, auch wenns schwerfällt. Peter Grüner hat noch was mit uns vor. Wir laufen ein Stück zurück in Richtung Gletscherstraße, schauen auf den in der Sonne glänzenden Rettenbachferner, überqueren den Rettenbach und gehen dann weiter auf dem Söldener Höhenweg unterhalb des Gaislachkogels.

Immer wieder tun sich von hier oben fantastische Blicke auf in die Stubaier Berge und im Süden auf den Ramolkamm mit dem weithin sichtbaren, markanten Nederkogel. Zwischendurch duftet es nach Latschenkiefer und bisweilen auch nach Zirbe. Nach zwei kurzweiligen Stunden sind wir bei Bubis Schihütte.

Doch mit dem Einkehren wird es erstmal nichts. Auf dem Skihang gegenüber der Hütte gibt es einen 3-D-Bogenparcours und so ziehen wir – nach fachkundiger Einweisung – mit Pfeil und Bogen los, um Kunststoff-Hasen, -Wildschweinen oder -Füchsen nachzustellen. Die Enttäuschung darüber, dass uns die Kinder haushoch überlegen sind, spülen wir mit einem Zirbenschnaps weg. „Ihr hättet das Zielwasser vorher trinken sollen“, sagt Peter Grüner.