Trails, Bier und Burger

Mountainbike: Zu den heiligen Stätten British Columbias

von Michaela Zingerle

Kanada ist der Traum jedes Mountainbikers - Michaela Zingerle und Markus Irschara aus Bruneck in Südtirol machten ihn wahr. Die ganze Geschichte und die besten Tipps für den Trip nach British Columbia gibt es hier:

Kanada ist der Traum jedes Mountainbikers. Wie oft ertappen wir uns dabei, uns  gedankenverloren Videos und Foto aus Kanadas wie Süchtige hineinzuziehen. Wir kennen die legendären Trails aus Squamish beim Namen und wissen, was North Shore ist. Wir sind die A-Line im Kopf schon zig Mal gefahren und es ist uns bekannt, dass man sonntags Stunden ansteht, um in den Sessellift in Whistler zu steigen. Nelson, Kamloops, Sunshine Coast sind uns ein Begriff, Wade Simmons, Brad Tippie und Brendon Semenuk sowieso. In der Theorie. Und wenn man dann die Gelegenheit hat, die Legenden live zu erleben, die Orte, die Wälder und die Trails, ist es, wie wenn Weihnachten und Ostern zusammenfallen.

So geschehen in diesem September. Mit British Airways und unseren Litevilles im Gepäck sind wir nach Vancouver. Zu Lee Lau und Sharon Bader, zwei Bike-Urgesteinen aus North Vancouver, die den Großteil ihres Lebens unseren Traum leben: Mountainbiken im Himmel auf Erden. Endless biking ist ihr Programm. Und gleichzeitig der Name einer Guiding-Agentur in North Vancouver. Das ist die beste Adresse für alle, die nur das Beste von Mt. Fromme, Mt. Seymore, Cypress und Sunshine Coast erfahren möchten.Es ist die erste Bikeguiding Firma in North Vancouver und tief in der Community verankert. Jeder kennt hier jeden und es dauert nicht lang und man fühlt sich als Teil der Community. Wir werden als “guys from Northern Italy” vorgestellt, wir ergänzen “from the Dolomites” und alle wissen Bescheid.

Nach drei aufregenden Tagen auf den Spuren der legendären North Shore Trails sind wir auf Kanada eingestimmt und Whistler steht nun auf dem Programm. Und ein Besuch der Bikeschmiede Chromag, einer “church” wie Lee es nennt, in Anspielung darauf, dass man als Tourist in Europa immer Kirchen besuchen muss und in Kanada eben BikeshopsTrails  oder legendäre Restaurants.

Wie das Sachi Sushi in Whistler, wo wir unseren ersten Tag im größten Bikepark der Welt feiern und vor allem, dass wir ihn auf unseren geliehenen Big Bikes heil überstanden haben. Zu Whistler bleibt sonst nicht viel zu sagen: Es ist der feuchte Traum für Bikepark-Liebhaber. Ohne Zweifel. Das Highlight für uns: Top-of-the-World-Trail und die blauen Spaßlines wie Crank it up, Ho Chi Min. Von Ride don’t slide gar nicht zu reden.

"West side is the best side"

 Die Vorfreude auf die kommenden Tage steigt. Diese sollen uns gleich in zwei heilige Stätten bringen, von denen zumindest wir vorher noch nie gehört hatten: West Side und Pemberton.
“West side is the best side”, weiß Sharon und sie muss es wissen. Sie ist Gründungsmitgied der North Shore Mountain Bike Association und mit Wade Simmons Autorin der beliebten Local’s Guides, also gedruckten Bikeführern. Sie kennt unglaublich viele Trails und hat jahrelang als Patrol im Whistler Bikepark gearbeitet. Und deswegen glauben wir ihr sofort, dass die West-Side die bessere Hälfte von Whistler ist. Doch die bessere Hälfte will verdient werden: auf mehr oder weniger steilen Uphill-Trails. Zuerst nehmen wir “High Society” unter die Räder, im zweiten Loop steht “Pura Vida” auf dem Programm. Wie die Trails sind? Wir sagen nur: Steil ist geil und das Bier danach ist mehr als verdient!

Wenige Kilometer nördlich von Whistler befindet sich Pemberton. Es ist die letzte Ortschaft in Richtung Norden, die von Fed-Ex regelmäßig angefahren wird. Hier treffen wir uns mit ein paar Freunden von Lee und Sharon, die sich in einem alten Lagerhaus ihren Traum der eigenen vier Wände verwirklicht haben.Wir fahren ein paar Kilometer neben den Zuggleisen entlang und dann in den legendären Nimby-Uphill-Trail: 600 Höhenmeter mit rund 70 Spitzkehren. Dort lässt der Einstieg in “Overnight Sensation” nicht lange warten. “Cream Puff” ist der nächste Trail, den wir fahren, und für uns persönlich der beste unseres Trips.

Was man in Whistler übrigens nicht versäumen soll, sind die Lostlake Trails, ein Wunderwerk eines XC-Trailnetzwerks der unteren Schwierigkeitsstufe. Auch wir haben uns da einen halben Tag lang ausgetobt, bevor wir Whistler bye-bye gesagt haben und mit dem Greyhound-Bus ca. 1 Stunde lang nach Squamish weitergezogen sind und uns und unsere Litevilles im Executive Inn einquartiert haben. Das Zimmer ist top, nicht ganz billig, aber die Zimmer sind groß und haben Küche.

Jaclyn Delacroix holt uns am nächsten Morgen ab und mit ihrem Privatauto geht es zu einem der Trailheads, also zu einem Trailausgangspunkt. Jaclyn ist ehemalige Rennfahrerin und Gründungsmitglied der Muddbunnies, einem Bikeclub mit rund 5.000 weiblichen Mitgliedern in Kanada und Amerika. Sie fährt stark und weist uns perfekt in die speziellen Squamish-Trails ein. Sie zeichnen sich aus durch ein Mix aus flowigen Abschnitten, felsigen Findlingen, die man rollen oder droppen kann bzw. muss und teils recht technischen Uphills. Wir sind überaus froh, dass uns Jaclyn immer die Linie zeigt, manchmal entscheiden nur Zentimeter, ob eine Linie zum Sturz führt oder nicht. Am Nachmittag cruisen wir ohne Aufsicht durch die Wälder und finden mit “Credit Line” ein echtes Juwel.

Auch Sharon und Lee wollen es sich nicht entgehen lassen, uns ihre Favoriten in Squamish zu zeigen und mit ihrem Bike-Buddy Phil fahren wir zum Uni-Campus und einen anderen Trailhead. Es stehen heute mal keine technischen Trails auf dem Programm, sondern schnelle Spaßgaranten, die besonders dem springfreudigen Phil gut zu liegen scheinen. Er ist sogar für Kamikaze Lee uneinholbar. Was wir fahren, ist gleichzeitig eine Eselsbrücke: “Fred” met “your mom” on “thinder”.

Unser zweiwöchiger Kanada-Trip neigt sich leider langsam dem Ende zu. Aber fertig haben wir noch lange nicht. Wir brechen Richtung Abbortsforth in Fraser Valley auf. Dies ist die letzte Station, die Sharon und Lee für uns geplant haben. Auf eigene Faust erkunden wir ein paar Trails auf Mt. Sumas. “Knob Gobbler”, einerstklassiger Old-School-Trail und “Squid Line”, gebaut von Ewan Fafard. Es ist ein nicht enden wollendes Kurvenwunder in vorwiegend flachen und nur leicht steilen Gelände, der fast zur Gänze nur mit Pumpen zu fahren ist.

An unserem vorletzten Tag genießen wir Super-Flow auf Mt. Bear: “Wasp”, “Smoking Bobo”, “Lorax” sind die Trails zum Abschluss. Ein mehr als würdiges Finale!

Kanada ist für Mountainbiker nicht nur zum Träumen da. Man muss da einmal hin. Lange in Erinnerung bleiben wird uns die Herzlichkeit der Kanadier, die Freundlichkeit der Leute, die Willkommenskultur für uns Mountainbiker.

Infos

Wer 2016 einen Trip nach Kanada plant, dem geben wir folgende Tipps mit auf den Weg:

Flug:
Kümmert euch früh genug darum. Je näher das Reisedatum rückt, umso teurer werden die Flüge! Die Mitnahme der Bikes ist prinzipiell kein Problem, mit 200 € pro Rad muss man rechnen. Wir empfehlen, über ein Reisebüro zu buchen, damit mit den Bikes nichts schiefgeht.

Auto:
Ein Auto mieten, ist sicher eine gute Wahl, wenn man sich selbstständig bewegen will, andererseits erreicht man mit den Überlandbussen wirklich gut verschiedene Ortschaften. Wir sind vor Ort bei Avis fündig geworden.

Unterkünfte:
In North Vancouver: Holiday Inn
In Whistler: B&B Bear Tracks
In Squamish: Executive Suites
In Abbotsford(Fraser Valley): Clayburn Village Bed and Breakfast

Guiding:
North Vancouver:
Endless Biking. Bieten auch Rocky Mountain Bikeverleih. Wenn ihr mit ihnen unterwegs seid, braucht ihr auch kein Auto.

Whistler & Squamish:
Jaclyn Delacroix

Orientierung:
trailforks - die Trail App von Pinkbike
Locals’ Guides von Sharon Bader und Wade Simmons www.mtbtrails.ca/shop

Essen & Trinken:
North Vancouver: Indian Fusion, Waraku Sushi, The Beach House Restaurant (Brunch)
Whistler: Sachi Sushi, Splitz Grill; Dusty's Bar & BBQ (in Creekside), Avalanche Pizza
Squamish: Shady Tree (Pub), Bean Brackendale Cafe (Café)
Pemberton: Mile One
Fraser Valley: Mission Springs Brewing Company
 
Trailbau und -instandhaltung:
NSMBA, SORCA, WORCA, FVMBA

Infos British Columbia:
www.hellobc.com